Andreas Vogel
DTTB-Leistungssportreferent Rainer Kruschel: „Tischtennis wird die Krise überstehen“
Rainer Kruschel beim TSV Wolfsburg
Wie geht es weiter im Tischtennis? Mitte Februar steht ein weiteres Abstimmungstreffen zwischen dem Deutschen Tischtennis-Bund (DTTB) und seinen Landesverbänden an. Anschließend wird das Präsidium des Tischtennisverbandes Niedersachsen (TTVN) in Abstimmung mit dem DTTB und anderen Landesverbänden über einen möglichen Fortgang oder eine weitere Unterbrechung des Spielbetriebes (Punkt-, Pokalspiele und Turniere) entscheiden. Der Wolfsburger und langjährige Referent für Leistungssport beim DTTB Rainer Kruschel (54) schätzt die aktuelle Situation so ein: „Tischtennis wird die Corona-Krise als Nicht-Kontaktsport insgesamt überstehen. Die Hygiene-Konzepte in der eigenständigen Profiliga TTBL der Herren und der 1. Bundesliga Damen haben im Tischtennis bisher sehr gut funktioniert. Allerdings bin ich bezüglich einer baldigen Wiederaufnahme des Spielbetriebes im Amateurbereich etwas skeptisch“. Eine Restsaison der bereits beschlossenen Einfachrunde von Mitte März bis Mai dürfte angesichts der wenigen Spieltermine nur schwer zu realisieren sein. Denn die Vereinsspieler müssten zunächst, wenn die Hallen wieder geöffnet werden, vor einem Punktspielstart auch Trainingszeiten bekommen. Dazu kommt: Im Spielzeitraum zwischen März und Ende Mai liegen die Osterferien, in denen der Spielbetrieb ohnehin ruht.
Spielzelt TT-WM in Kuala Lumpur 2016
Quelle “Foto DTTB”
Selbst die im letzten Jahr geplante Tischtennis-Mannschaftsweltmeisterschaft musste gleich drei Mal wegen Corona verschoben werden (März, Juni, September) und sollte nun ab dem 28. Februar 2021 im südkoreanischen Busan stattfinden. Aber auch diese wichtigste Tischtennisveranstaltung der Welt wurde - erstmals seit dem 2. Weltkrieg - von der ITTF (International Table Tennis Federation) abgesagt. Im
Bewerbungsverfahren für die übernächste Einzel-WM 2023 setzte sich unlängst Südafrika mit der Stadt Durban gegen den DTTB durch, der mit Düsseldorf ins Rennen gegangen war.
TT WM 2019 in Budapest Petrissa Solja, Rainer Kruschel, Patrick Franziska (Quelle “Foto DTTB”
Spielerpass Rainer Kruschel
Leistungssportreferent Rainer Kruschel, dessen Lebenslauf stark mit dem Tischtennissport verknüpft ist. Kruschel wuchs in Wolfsburg auf, seine Mutter Inge wohnt in Detmerode, eine seiner drei Schwestern, Sabine, in Isenbüttel. Mit 9 Jahren trat Kruschel 1975 in die Tischtennis-Sparte des TSV Wolfsburg ein. Dieser Verein war 1969 aus einer Fusion der Vereine der Vereine SV und ATSV Wolfsburg entstanden. Unter den Fittichen seiner Trainer Peter Ulrich und Michael Wiedermann entwickelte sich Rainer Kruschel schnell zu einem Leistungsträger in der 1. Herrenmannschaft des TSV. Obwohl ihn sein beruflicher Werdegang nach Bayern (Studium) und Hessen führte, hielt Kruschel seinem Heimatverein TSV Wolfsburg 34 Jahre (bis 2009) als Spieler die Treue: „Wir waren eine richtige Fahrstuhlmannschaft, die immer zwischen der Landesliga und der Bezirksoberliga pendelte“, so Kruschel rückblickend. Für die Punktspiele für den TSV Wolfsburg reiste Kruschel damals 15 Jahre lang mit der Bahn aus seinen damaligen Wohnorten Bayreuth und Frankfurt/M. an. Kruschel hat auch heute noch gute Kontakte zu seinen ehemaligen Wolfsburger Mannschaftskameraden und Freunden Elke und Henrik Riemann-Hesker (jetzt SV Jembke) sowie seinem langjährigen Doppelpartner Bernd Hollas (jetzt Tischtennis-Freunde Wolfsburg). Nach seinem Abitur an der Heinrich-Nordhoff-Gesamtschule (1985) und dem 15-monatigen Grundwehrdienst in Wesendorf (1985/1986) studierte Rainer Kruschel von 1987 bis 1993 in Bayreuth Sportökonomie. Anschließend führte seine erste berufliche Station zur Tischtennis-Marketing GmbH nach Karben (Hessen). Im Jahr 2002 wechselte Rainer Kruschel zum DTTB in das „Haus des Sports“ nach Frankfurt/M., wo er bis heute als Leistungssportreferent tätig ist. Eine seiner Aufgaben umfasst dabei die Jahresfinanzplanung für die deutschen Nationalkader (Damen, Herren, Mädchen, Jungen) bezüglich aller zentralen Trainings- und (internationalen) Wettkampfmaßnahmen wie EM, WM und World Tour-Turnieren. Darüber hinaus fungiert Kruschel als Koordinator in Sachen Deutsche Sporthilfe, kümmert sich um die DTTB-Sportsoldaten und ist Anti-Doping-Beauftragter des Verbandes. Dabei ist Kruschel auch im Austausch mit den aktuellen Bundestrainern Jie Schöpp (Damen) und Jörg Roßkopf (Herren). Bei den vielen Veranstaltungen hat Kruschel viele Spielorte im In- und Ausland besucht. So verwundert es daher auch nicht, dass Kruschel seine Frau Conny (Mädchenname: Franke, 43) 2002 als Turnier-Direktor der German Open in Magdeburg kennenlernte. Conny (damals TTC Glückauf Staßfurt) hatte sich bei den Magdeburger German Open als Volunteer beworben. Aus dem Kennenlernen wurde später eine „Tischtennis-Ehe“, zur Familie gehören mittlerweile Sohn Jonas (11) und Tochter Jule (7). Die Familie lebt derzeit in Langenselbold bei Hanau. Conny ist aktuell beim Verbandsligisten TSC Freigericht gemeldet und Rainer ist für die TG Langenselbold (Bezirksliga) aktiv.
Als B-Jugendlicher spielte Rainer Kruschel auch mehrere Jahre Fußball beim VfL Wolfsburg, dem er noch heute die Daumen drückt. Kruschel: „Mit meiner Begeisterung für den VfL gelte ich aber in der Frankfurter Region eher als eine Art „Alien“.
Als Tischtennis-Weltenbummler hat Kruschel auch die ein oder andere Anekdote parat. Besonders in Erinnerung ist ihm beispielweise die Mannschafts-WM 2016 in Kuala Lumpur (Malaysia). Die abschließenden Platzierungsspiele der Herren konnten nicht in der dafür vorgesehenen Sporthalle ausgetragen werden, stattdessen wurde in einem riesengroßen Zelt (24 Tische) gespielt. Doch das Zeltdach hielt einem plötzlich auftretenden starken Monsunregen nicht stand, es regnete während der Partien auf die Spielfläche. Folge: Im Spiel Deutschland gegen die Ukraine mussten die deutschen Spieler Patrick Franziska, Bastian Steger und Steffen Mengel gleich zwei Mal den Court wechseln. Dennoch gewann Deutschland das Spiel mit 3:0 und sicherte sich damit Rang 13 - ohne die damals fehlenden Leistungsträger Timo Boll (krank) und Dimitrij Ovtcharov (verletzt).